Das Bildarchiv
Über die Bestände
Der größte Teil der verzeichneten Bilder entstammt dem zwanzigsten Jahrhundert, der kleinere dem neunzehnten, was auf die Entwicklung der Fotographie als Alltagsmedium zurückzuführen ist. Aus dem 19. Jahrhundert ist eine Sammlung von 64 Lithographien erschlossen, außerdem vor allem Pressefotos von Kongressen und anderen Veranstaltungen und in Fotoateliers entstandene Portraits einzelner Protagonistinnen. Erst in den 1920er tauchten erste Amateuraufnahmen auf. Der Zeitrahmen reicht von der 1848er Revolution, in deren Zusammenhang erste Forderungen zu Frauenrechten laut wurden und die zur Initialzündung für die organisierte Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts wurde, bis hin zum Jahr 1968, das als Geburtsstunde der "neuen" Frauenbewegung gilt und damit die Phase der "alten" Frauenbewegung in gewisser Weise abschließt bzw. einen bedeutsamen Einschnitt markiert. Neuere Fotos zur autonomen Frauenbewegungsgeschichte in Kassel sind noch nicht in die Datenbank eingearbeitet.
Die Datenbank enthält einen großen Anteil Abbildungen von Verbandsfunktionärinnen sowohl der verschiedenen Frauenverbände (konfessionelle Frauenverbände, Vereine und Verbände der bürgerlich-gemäßigten, der bürgerlich-radikalen und der proletarischen Frauenbewegung) als auch der Berufsverbände (z.B. Verband Weiblicher Angestellter, Akademikerinnenbund etc.). Darüber hinaus finden sich bei den Portraits Fotos aus dem Berufsleben, wobei Politikerinnen den Hauptanteil bilden, vermutlich deshalb, weil sie häufiger fotografiert werden als Angehörige anderer Berufe. Auch Lehrerinnen sind eine große Gruppe, was sich darauf zurückführen lässt, dass dies der häufigste Beruf unter den Verbandsfunktionärinnen war. Es gibt aber auch Fotos anderer Berufe, die den Frauen im behandelten Zeitraum zugänglich wurden und zwar sowohl aus dem akademischen Bereich (Ärztin, Botanikerin, Juristin u.a.) als auch dem handwerklichen (Fotografin, Buchbinderin etc.) und dem Dienstleistungssektor (Sekretärin, Telefonistin). Besonders aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang Fotos aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg als Frauen in allen vormals unüblichen Feldern eingesetzt wurden. Hier finden sich Fotos von Schornsteinfegerinnen, Straßenbahnschaffnerinnen und ähnlichem, aber auch aus der Rüstungsindustrie, wo Frauen beim Granatendrehen zu sehen sind.
Ein anderer großer thematischer Bereich sind Fotos von Einrichtungen der Verbände: Heime, Schulen und Krankenhäuser. Vor allem die beiden konfessionellen Verbände unterhielten (und tun das noch immer) zahlreiche Kinder- und Säuglingsheime, Mütterheime, Altersheime und Krankenhäuser. Schulen und Schülerinnen- bzw. Studentinnenwohnheime wurden ebenfalls vom Deutschen Evangelischen Frauenbund und vom Katholischen Deutschen Frauenbund unterhalten, aber hier repräsentieren auch die Bestände vom Lette-Verein, der Alice Salomon Hochschule Berlin und dem Pestalozzi-Fröbel-Haus die um die Jahrhundertwende beginnende explosionsartige Entwicklung an Ausbildungsstätten für Frauen. Hier wurden Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen und Wohlfahrtspflegerinnen ausgebildet, aber auch elektro-technische Assistentinnen, Chemielaborantinnen und ähnliches mehr. In einem nicht so großen, aber doch recht repräsentativen Umfang enthält die Datenbank Fotos von Kongressen, Tagungen und Versammlungen der Vereine und auch von besonderen Aktivitäten, wie etwa dem Empfang ausländischer Delegationen oder einer Pilgerreise nach Rom. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang auch Bilder aus den späten 1940-er und frühen 1950-er Jahren, die dem Nachlass der hessischen Politikerin Gabriele Strecker entstammen, der im Archiv der deutschen Frauenbewegung lagert. Diese Fotos zeigen internationale Frauenkongresse, an denen deutsche Frauen nach dem Nationalsozialismus erstmals wieder teilnahmen und dokumentieren den Neubeginn einer eigenständigen und international ausgerichteten Frauenpolitik nach 1945.