• Louise Otto-Peters (1819-1895)

    "Das weibliche Stimmrecht stand damals noch nicht auf der Tagesordnung [...] aber mit den Erfahrungen von damals muß ich lachen, wenn jetzt behauptet wird, die Frauen würden doch nur stimmen, wie es ihre Gatten und Freunde haben wollten!"[1]

Louise Otto-Peters

Louise Otto[-Peters] gilt als eine der wichtigsten Protagonistinnen der Revolution von 1848, Initiatorin der organisierten Frauenbewegung in Deutschland und als kreative Schriftstellerin.

Eine Tochter aus gutem Hause und die Revolution von 1848

Louise Otto wurde am 26. März 1819 in Meißen als jüngstes Kind des Juristen Fürchtegott Wilhelm Otto und seiner Frau Christiane Charlotte, geb. Matthäi geboren. Wie üblich für Mädchen im 19. Jahrhundert besuchte sie zwar eine höhere Mädchenschule, eine höhere Bildung aber blieb ihr verwehrt; mit 14 Jahren musste sie die Schule verlassen. Zeit ihres Lebens bildete sich Louise Otto daher autodidaktisch fort und betrieb private Studien.

1835/36 starben ihre Eltern und hinterließen ihr ein Erbe, dank dessen die 16-Jährige weitgehend finanziell unabhängig war. Als ihr Verlobter 1841 starb, stand für Louise Otto fest, dass sie selber einem Beruf nachgehen wollte und nahm sich vor, Schriftstellerin zu werden. Die Armut der Arbeiterinnen und Arbeiter und die politisch repressive Stimmung führten dazu, dass die junge Frau anfing, sich politisch einzumischen. Bereits ihr Gedicht Die Klöpplerinnen erregte Aufsehen. In diesem thematisierte sie die armseligen Arbeitsbedingungen der Heimarbeiterinnen im Erzgebirge, die sie während einer Reise erlebt hatte. Dem einmal angeschlagenen Ton blieb sie treu und berichtete auch in ihren anderen Texten über das soziales Elend der Arbeiterklasse. Mit diesen Texten geriet sie schon recht früh in Konflikt mit den Zensurbehörden. So konnten der geplante zweite und dritte Band des Romans Schloß und Fabrik (1846 publiziert), in dem Louise Otto die blutige Niederschlagung eines Aufstandes in Leipzig verarbeitete, erst nach einer gründlichen Überarbeitung erscheinen.

1848 nutzte sie ihre öffentliche Bekanntheit und mischte sich mit der Adresse eines deutschen Mädchens an den sächsischen Minister Oberländer in die öffentliche Debatte ein und brach eine Lanze für die Rechte von Frauen. Sie schrieb: „Meine Herren! Im Namen der Moralität, im Namen des Vaterlandes, im Namen der Humanität fordere ich Sie auf: Vergessen Sie bei der Organisation der Arbeit die Frauen nicht!“[2] Sie bezog sich mit dieser Forderung auf die neu zu besetzende Arbeiterkommission, in die auch – so ihre Forderung – Frauen mit zu benennen sein sollten. Sie engagierte sich zunehmend im Revolutionsgeschehen und ließ sich auch von Hausdurchsuchungen und der Verhaftung ihres Verlobten (August Peters) 1849 nicht von ihrer politischen Meinung abbringen. Im Gegenteil. Durch die Herausgabe der Frauen-Zeitung zwischen 1849 und 1852 zeigte sie überdeutlich, dass sie versuchte, die Revolution auch für eine Ausweitung der weiblichen Rolle zu nutzen. Die Frauen-Zeitung setzte sich mit aktuellen Themen auseinander, brachte Berichte über Frauen aus anderen europäischen Ländern und berichtete über Vereinsgründungen und wichtige Frauen. Die durch die sächsische Regierung als revolutionär eingestufte Zeitschrift wurde durch die Verabschiedung der Lex Otto massiv am Erscheinen gehindert, denn dieses nach Louise Otto benannte Gesetz sah vor, dass Frauen die Herausgabe von Zeitungen in Sachsen verboten war. Obwohl Louise Otto mit dem Sitz der Zeitung in das thüringische Gera auswich, musste diese schließlich 1853 eingestellt werden.

Reaktion und ein neues Leben in Leipzig

In den folgenden politisch reaktionären Jahren ab 1850 veröffentlichte sie Artikel zu Musik und Theater sowie historische Romane, Novellen und Gedichte, machte Reisen und kümmerte sich um ihren inhaftierten Verlobten. Ihre politischen Ziele verlor sie aber all die Jahre nicht aus den Augen. Nach der Entlasssung von August Peters heiratete das Paar 1858 und zog 1859/60 nach Leipzig um, wo August Peters die Mitteldeutsche Volks-Zeitung herausgab, für deren Feuilleton Louise Otto zuständig war. August Peters starb bereits 1864 an den Folgen der Festungshaft und konnte nicht mehr erleben, wie seine Frau den Startschuss für die organisierte Frauenbewegung in Deutschland gab.

Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes gründete Louise Otto-Peters zusammen mit Auguste Schmidt und Ottilie von Steyber den Leipziger Frauenbildungsverein, nachdem der österreichische Hauptmann (a.D.) Philipp Anton Korn diese Idee in die Welt gesetzt hatte. Dieser Frauenbildungsverein wurde zum Ausgangspunkt der organisierten Frauenbewegung im gesamten deutschen Kaiserreich, weil dieser Leipziger Verein gleich zu Beginn seiner Aktivitäten beschloss, für den 15. Oktober 1865 eine deutsche Frauenkonferenz einzuberufen. Auf dieser Konferenz, die in der Presse auch als "Leipziger Frauenschlacht"[3] verunglimpft wurde, gründete sich der Allgemeine Deutsche Frauenverein (ADF), der zum Nucleus der organisierten Frauenbewegung in Deutschland wurde.[4] Louise Otto-Peters wurde zur ersten Vorsitzenden gewählt und prägte durch ihre dreißigjährige Vorstandstätigkeit den Verband maßgeblich mit. Hauptanliegen des neuen Vereins war es, die „Arbeit, welche Grundlage der ganzen neuen Gesellschaft sein soll, für eine Pflicht und Ehre des weiblichen Geschlechts“[5] zu erklären und alle Hindernisse, die einer eigenständigen weiblichen Erwerbstätigkeit im Wege standen, zu überwinden. Zu diesem Zweck wurden in ganz Deutschland lokale Frauenbildungsvereine gegründet, die – zusammengeschlossen im ADF als Dachverband – ein breites Frauenbildungsnetzwerk über Deutschland spannten. Dabei versuchten die Frauen – dies ist sicher eine Auswirkung der Erfahrung mit der politischen Repression der 1840/50er Jahre – sehr vorsichtig zu sein und alles zu vermeiden, was einer politischen Agitation gleichkam. So formulierte Louise Otto-Peters 1866: „Die gegenwärtige Agitation für das Recht der weiblichen Arbeit hat mit den verschwommenen Emancipations-Idealen der Vierziger Jahre nichts zu schaffen (…). Die einzige Emancipation, die wir für unsere Frauen anstreben, ist die Emancipation ihrer Arbeit.“[6] Ein weiterer Grund für diese vorsichtige Formulierung war sicher auch die Vereinsgesetzgebung des Landes Sachsen – und anderer deutscher Länder wie Preußen –, die eine politische Betätigung von Frauen in einem Verein verbot.

Entscheidend für die Kommunikation zwischen den verschiedenen lokalen Frauenbildungsvereinen wurde die eigene Zeitschrift, Die Neuen Bahnen, die ab 1866 von Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt herausgegeben wurde. Durch ihr langjähriges Engagement und durch ihre Vorreiterinnenrolle in der 1848er Revolution wurde Louise Otto-Peters zu einer der wichtigsten Protagonistinnen des gemäßigten Flügels der bürgerlichen Frauenbewegung. Bis zu ihrem Tod am 13. März 1895 in Leipzig arbeitete sie nicht nur organisatorisch für die Frauenbewegung, sondern war auch weiterhin publizistisch tätig. Sie verfasste einige historische Romane und Erzählungen und schrieb damit das, was wir heute als Frauengeschichte bezeichnen würden, indem sie historisch wichtige Frauenfiguren tradierte, um Frauen Vorbilder aufzuzeigen. „(…) wir sehen Alles mit Freuden geschehen, was geschieht, um die Frauenfrage ihrer Lösung immer näher zu führen: an der Ueberzeugung aber halten wir fest, daß ihre wirkliche Lösung nur gefunden werden kann durch die Frauen selbst, durch ihren eignen Willen und ihre eigene Kraft (…).“[7]

Zur Überlieferung

In den Anlagen des Alten Johannisfriedhofs Leipzig wurde im Juni 1900 ein Marmordenkmal mit Medaillonbild für Louise Otto-Peters aufgestellt : "Der Führerin auf neuen Bahnen In Dankbarkeit und Verehrung Die deutschen Frauen". Der Allgemeine Deutsche Frauenverein lud zu dieser Denkmalenthüllung ein.[8] 1993 gründet sich die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e. V. mit dem Ziel, Leben und Werk der Dichterin, Schriftstellerin, Journalistin und Frauenpolitikerin in der Öffentlichkeit bekanntzumachen und zu würdigen. Ihr umfängliches schriftstellerisches und journalistisches Werk können dort und im AddF eingesehen werden. Der Teilnachlass von Louise Otto-Peters aus dem Archivbestand des Deutschen Staatsbürgerinnen-Verbandes befindet sich seit 2016 im AddF und wurde von 2017 bis 2018 verzeichnet, digitalisiert und wenn erforderlich restauriert. Die Digitalisate sind im META-Katalog des i.d.a.-Dachverbandes online zugänglich.
Als Besonderheit sei erwähnt, dass ein Wandgemälde des Konterfeis von Louise Otto-Peters auf einer Hauswand in ihrer Geburtsstadt Meißen zu finden ist, gemalt wurde es von André Bytomski.

Fußnoten

[1]
Louise Otto: Erinnerungsbilder, IX, 1848, in: Politische Frauen-Zeitung, S. 589.
[2]
Louise Otto-Peters: Das Recht der Frauen auf Erwerb. Blicke auf das Frauenleben der Gegenwart, Leipzig 1997, S. 118; Hervorhebung im Original.
[3]
Louise Otto: Das Recht der Frauen auf Erwerb. Blicke auf das Frauenleben der Gegenwart, Hamburg 1866, S. III.
[4]
Irina Hundt / Susanne Schötz: „Allem Anfang wohnt ein Zauber inne“. Der Allgemeine Deutsche Frauenverein von 1865, in: Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte, Nummer 67-68, 2015, S. 8-17.
[5]
Louise Otto-Peters: Das erste Vierteljahrhundert des Allgemeinen deutschen Frauenvereins, Leipzig 1890, S. 10.
[6]
Louise Otto: Das Recht der Frauen auf Erwerb, S. V.
[7]
Ebenda, S. 93.
[8]
Johanna Ludwig / Hannelore Rothenburg: Das Denkmal für Louise Otto-Peters in Leipzig. Eine hundertjährige Geschichte, Beucha 2001.

Lebenslauf

  • 1819

    Geburt in Meißen als jüngstes Kind des Juristen Fürchtegott Wilhelm Otto und seiner Frau Christiane Charlotte, geb. Matthäi.

  • 1835/1836

    Tod beider Eltern

  • 1841

    Tod des Verlobten Gustav Müller.

  • 1842

    Ihr erster sozialkritischer Roman „Ludwig der Kellner“ erscheint.

  • 1843

    Am 5.9. erscheint in den „Sächsischen Vaterlandsblättern“ die „Antwort eines sächsischen Mädchens“ auf die Frage von Robert Blum nach der „Theilnahme der weiblichen Welt am Staatsleben“. Mit dieser Publikation wird Louise Otto weithin bekannt und positioniert sich öffentlich sowohl in der Frauenfrage als auch in den vorrevolutionären Bewegungen.

  • 1846

    folgt ihr zweiter (von der Zensur betroffener) Roman „Schloss und Fabrik“.

  • 1848

    Mit der „Adresse eines deutschen Mädchens“ an den liberalen Minister Oberländer erinnert sie an das Schicksal der Arbeiterinnen und verlangt deren Einbeziehung in die neu einzusetzende Arbeiterkommission. Viele Zeitungen drucken den Aufruf, der den Namen der Autorin noch bekannter macht.

  • 1849-1952

    Herausgabe der „Frauen-Zeitung“

  • 1858

    Heirat mit August Peters.

  • 1860

    Umzug nach Leipzig.
     

  • 1861 - 1865

    Leiterin des Feuilletons der von ihrem Mann gegründeten „Mitteldeutschen Volkszeitung“.

  • 1865

    Gründung des Leipziger Frauen-Bildungsvereins und Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins (ADF) zusammen mit Ottilie von Steyber, Alwine Winter und Auguste Schmidt.

  • 1866 - 1895

    Herausgeberin der „Neuen Bahnen“, dem Vereinsorgan des ADF.

  • 1875

    Ernennung zur Ehren-Präsidentin des ADF.

  • 13.03.1895

    Tod von Louise Otto-Peters in Leipzig.

  • 10.06.1900

    In den Anlagen des Alten Johannisfriedhofs wird ein Marmordenkmal mit Medaillonbild für Louise Otto-Peters aufgestellt: „Der Führerin auf neuen Bahnen / In Dankbarkeit und Verehrung / Die deutschen Frauen“.

Digitalisate (Auswahl)

Findbuch Louise Otto-Peters

Gedichte von Louise Otto(-Peters)

Tagebucheinträge 1846 - 1847

Tagebucheinträge 1849 - 1857

Anzeige und Artikel zu Schloss und Fabrik

Neue Bahnen

Handschriftlicher Brief von Louise Otto-Peters an unbekannt, hs., 22. Oktober 1887

Der Teilnachlass von Louise Otto-Peters aus dem Archivbestand des Deutschen Staatsbürgerinnen-Verbandes befindet sich seit 2016 im AddF und ist über den META-Katalog zugänglich.

Recherche

Im Online-Katalog META sind Literaturnachweise, Materialien und noch mehr Digitalisate zu Louise Otto (-Peters) zu recherchieren

Literatur von Louise Otto-Peters (Auswahl)

Otto, Louise: Aus der alten Zeit. Historische Erzählungen, Leipzig 1860.

Otto, Louise: Das Recht der Frauen auf Erwerb. Blicke auf das Frauenleben der Gegenwart, Hamburg 1866.

Otto, Louise: Der Genius der Menschheit. Frauenwirken im Dienste der Humanität. Eine Gabe für Mädchen und Frauen, Pest u.a. 1870.

Otto, Louise: Frauenleben im deutschen Reich. Erinnerungen aus der Vergangenheit mit Hinweis auf Gegenwart und Zukunft, Leipzig 1876.

Otto-Peters, Louise: Einige Deutsche Gesetz-Paragraphen über die Stellung der Frau, Leipzig (Selbstverlag des ADF Vereins) 1876.

Otto-Peters, Louise: Das erste Vierteljahrhundert des Allgemeinen deutschen Frauenvereins gegründet am 18. Oktober 1865 in Leipzig, Leipzig 1890.

Otto, Louise: Mein Lebensgang. Gedichte aus fünf Jahrzehnten, Leipzig 1893.

Zeitschriften von Louise Otto (-Peters)

Die Frauen-Zeitung 1849-1852

Neue Bahnen 1866-1920 [1866-1876 Herausgegeben von Louise Otto-Peters]

Literatur über Louise Otto-Peters (Auswahl)

Boetcher Joeres, Ruth-Ellen (Hg.): Die Anfänge der deutschen Frauenbewegung: Louise Otto-Peters. Frankfurt am Main 1983.

Gerhard, Ute: "Wir wollen lieber fliegen als kriechen". Louise Otto-Peters (1819-1895), in: Ingaburgh Klatt (Hg.): "Wir wollen lieber fliegen als kriechen", Lübeck 1997, S. 11-26.

Hundt, Irina (Hg.): Im Streben "nach Einfluß aufs Ganze". Louise Ottos Tagebücher aus den Jahren 1849-1857, (LOUISEum, 29), Beucha 2010.

Hundt, Irina/ Schötz,Susanne: "Allem Anfang wohnt ein Zauber inne". Der Allgemeine Deutsche Frauenverein von 1865, in: Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte, Nummer 67-68, 2015, S. 8-17.

Ludwig, Johanna: Eigner Wille und eigne Kraft. Der Lebensweg von Louise Otto-Peters bis zur Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins 1865. Nach Selbstzeugnissen und Dokumenten, Leipzig 2014.

Schmidt, Auguste/ Rösch, Hugo: Louise Otto-Peters, die Dichterin und Vorkämpferin für Frauenrecht. Ein Lebensbild. Mit drei Bildnissen, Leipzig [1898].

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