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Helke Dreier, M.A., Mette Bartels, M.A.

Projektbetreuung

Mette Bartels, M.A.

Bearbeiterin

Helke Dreier, M.A.

Laufzeit

01.05.2024 - 31.10.2025

Finanziert durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Von der Lebensreform zum Nationalsozialismus.

Die Frauengymnastikschule Schwarzerden und ihr Weg in den deutschen Faschismus

Im Fokus dieses Forschungsprojektes steht die Analyse der nationalsozialistischen Phase der Frauengymnastikschule Schwarzerden in der Rhön. Die Gründerinnen der Schule, Elisabeth Vogler (1892–1975) und Marie Buchhold (1890–1983), wollten mit dem Aufbau ihrer Schule Frauen eine professionelle Ausbildung mit Berufsperspektiven eröffnen. Bereits ein Jahr nach der Gründung Schwarzerdens im Jahr 1927 erhielt die Schule die offizielle Genehmigung als private Ausbildungsstätte durch den Regierungspräsidenten in Kassel. Damit konnte die in Schwarzerden entwickelte Ausbildung zur Sozialgymnastin aufgenommen werden. Dieser spezielle Frauenberuf verband Gymnastik und Heilkunde und orientierte sich an ganzheitlichen Gesundheits- und Körpervorstellungen, die aus der Lebensreformbewegung um 1900 stammten. Fächer wie Reformpädagogik, Bewegung und Gymnastik gehörten ebenso zum Kanon der Lehrinhalte wie Soziologie, Gesetzes- und Behördenkunde und Sozialpsychologie.
Trotz des anfänglichen Erfolgs geriet die Schule im Zuge der Weltwirtschaftskrise in ökonomische Bedrängnis, da immer weniger Schülerinnen das Schulgeld für die Ausbildung aufbringen konnten. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht gelangten, hofften Marie Buchhold und Elisabeth Vogler darauf, dass die neuen Machthaber die Schule finanziell unterstützen würden.
1938 wurden die Schulleiterinnen Marie Buchhold und Elisabeth Vogler Mitglieder der NS-Volkswohlfahrt und traten der NSDAP bei. War die Parteimitgliedschaft von Marie Buchhold bereits in der Forschung bekannt, galt Elisabeth Vogler hingegen als diejenige, die dem NS-Regime distanziert gegenüberstand, eine Einschätzung die vermutlich nicht aufrechterhalten werden kann. Eine Vorabrecherche zeigte, dass auch zu Elisabeth Vogler Entnazifizierungsakten vorliegen.
Was diese Verflechtungen im Konkreten bedeuteten, welche Auswirkungen sie auf den Schul- und Lehrbetrieb Schwarzerdens hatten und welche Rolle dabei Vorstellungen über die Funktion von Frauen im faschistischen Staat spielten, sind erste grundlegende Fragen des Forschungsprojektes. Anhand des vorliegenden, nun erstmals erschlossenen Nachlasses der Gymnastikschule Schwarzerden soll untersucht werden, wie sich und ob sich die Ausrichtung der Lehrinhalte und der Abschlussprüfungen nach NS-ideologischen Gesichtspunkten veränderten. Wie konzipierten sich nunmehr die Stundenpläne? Wie fand die nationalsozialistische Bio- und Rassenpolitik Eingang in den Lehrkanon? Wurden neue Fächer gelehrt? Welche Prüfungsfragen wurden generiert, um eine „volksdeutsche Erziehungsarbeit“ zu leisten? Untersucht werden soll der Weg der Schule Schwarzerden in die nationalsozialistische Diktatur. Wurde dieser aktiv mitgestaltet oder sich ihm widersetzt?
Mit diesem Forschungsprojekt soll ein Beitrag geleistet werden zur nach wie vor zu wenig untersuchten Frage, wie sich Gruppen, Personen und Institutionen der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung in die faschistische Ideologie einbrachten beziehungsweise wie und ob die Emanzipationsvorstellungen dieser Frauenbewegung durch eine nationalsozialistische Ideologie anschlussfähig gemacht werden konnten. Das Projekt soll der Ausgangspunkt für weitere Forschungen zu diesem Thema sein, welches sich das AddF in Vorgriff auf die 100ste Wiederkehr des Beginns der nationalsozialistischen Herrschaft im Jahr 2033 erschließen möchte.

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