ISBN

978-3-926068-24-8

Kosten

11,50 €

Umfang

72 Seiten

Erschienen

November 2016

Heft 70

Zeitgeschichtliche Lesarten

Versuche zur Zeitgeschichte der Geschlechtergeschichte

Die Zeitgeschichte und ihre Erforschung ist ›in‹. So wie während der 1980er Jahre die ›Leitepoche‹ das 19. Jahrhundert war, so ist es heute die Zeitgeschichte. Unzählige Studien erscheinen, Tagungen werden abgehalten und Sammelbände publiziert; manchen gilt die Zeitgeschichte sogar, wie der Historiker Malte Thießen in seinem Buch »Zeitgeschichte als Zumutung und Zugabe« (2011) schreibt, als eine ganz »besondere Epoche«, die besondere Herausforderungen an Historiker:innen stellt.
Da Zeitgeschichte neben der wissenschaftlichen Community auch immer die ›Welt der Mitlebenden‹ berührt, haben die Zeitgeschichtsforschenden eine besondere Verantwortung, sich und ihre Forschungen zu hinterfragen. Denn das, was die Zeitgeschichte erforscht, sollte nicht nur das sein, was auch die Mitlebenden als erforschungswürdig erkennen. Kritische Wissenschaft und so auch die Geschichtswissenschaft ist immer dafür da, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, Machtkonstellationen sichtbar zu machen und auch auf diejenigen zu verweisen, die (aktuell oder historisch) eher im Hintergrund  stehen. Dafür aber müssen Historiker:innen den Zeitgeist und die in ihm liegenden Macht- und Bedeutungsmuster erkennen und kritisch hinterfragen. Warum, so ist zum Beispiel zu fragen, ist die Zeitgeschichte bisher so geschlechtslos? Gibt es in der Zeitgeschichte nichts zu sagen über männliche* und weibliche* Rollen? Spielen das Geschlechterverhältnis und die geschlechtlich markierten Gesellschaftsentwürfe innerhalb der zu untersuchenden ›Epoche‹ keine Rolle?
Das Problem, dass Forschungsthemen ohne Bezug auf Geschlecht untersucht werden, ist weder neu, noch beschränkt es sich auf die Zeitgeschichte. Es ist von der Frauen- und Geschlechtergeschichte als Verhältnis zur ›Allgemeinen Geschichte‹, bzw. später den ›Meistererzählungen‹ oder ›Meta-Narrativen‹ immer wieder diskutiert worden. Entgegen den gängigen Darstellungen, die Frauengeschichte habe sich erst mit ihrer Erweiterung zur Geschlechtergeschichte davon verabschiedet, lediglich die allgemeine Geschichte um die der Frauen zu ergänzen, forderten und erwarteten ihre frühen Protagonist:innen? von der Frauengeschichte schon in den 1970er Jahren einen grundlegenden Wandel geschichtswissenschaftlicher Methoden und Konzepte auf der Basis ihrer Forschungen. Gleichzeitig nutzten sie die von der Disziplin entwickelten Deutungsangebote für ihre eigenen Forschungen. Diese Doppelbewegung des Einschreibens frauen- und geschlechtergeschichtlicher Ergebnisse in bestehende Geschichtsnarrative auf der einen sowie das Bestehen auf eigenen Fragestellungen und ihrer Bedeutung bei der Dekonstruktion etablierter Großerzählungen auf der anderen Seite, bleibt für das Forschungsfeld bis heute konstitutiv. 
Diese Ausgabe der »Ariadne« fußt auf einem 2014 am Zentrum für Vergleichende Europäische Studien der Universität Köln ausgerichteten Doktoranden-Workshop. Die dort aufgeworfenen Fragen werden im Heft aufgenommen und frauen- und geschlechtergeschichtliche Fragestellungen mit Ansätzen aus der (mittlerweile nicht mehr ganz so) Neuen Kulturgeschichte verbunden.  

Redaktion

Berit Schallner M. A./ Dr. Kerstin Wolff

Mit Beiträgen von

Azziza B. Malanda, Monique Miggelbrink, Karin Schützeichel, Berit Schallner, Christopher Neumaier, Mareen Heying.

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