ISSN
0178-1073
Kosten
9,50 €
Umfang
79 Seiten
Erschienen
November 2011
Heft 60
Missionen und Visionen
Frauenbewegungen in Europa
Anfang des 20. Jahrhunderts legten Helene Lange und Gertrud Bäumer eine erste Publikation zur »Geschichte der Frauenbewegung in den Kulturländern« vor. Im ersten Band ihres fünfbändigen »Handbuch der Frauenbewegung« stellten sie 1901 fest: »Auch in der Darstellung der Frauenbewegung in den von uns berücksichtigten Ländern kann von einer Einheitlichkeit nur in gewissem Sinne die Rede sein. So durchaus übereinstimmend die Frauenbewegung aller Länder in ihren Grundtendenzen ist, so vielgestaltig ist ihre Entwicklung nach Ausgangspunkten, geschichtlicher Bedingtheit, nach der Betonung bestimmter Einzelbestrebungen, dem Hervortreten bestimmter politischer Parteien oder gesellschaftlicher Klassen, nach der Art der Taktik, der Organisation, des äusseren Charakters. Es musste hier unser Bestreben sein, die Eigenart jedes Landes möglichst scharf zur Geltung zu bringen.«
Diesen Gedanken aufgreifend, beschäftigten wir uns in dieser Ariadne mit Entwicklung und Bedeutung von Frauenbewegungen in verschiedenen europäischen Ländern und bieten mit der Artikelauswahl Ausgangspunkte sowie Anregungen für weitere Forschungen an.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen Frauen europaweit, sich zu organisieren und Geschlechterverhältnisse in Frage zu stellen. Sie kritisierten öffentlich die ungleiche Verteilung von Macht, Recht und Einfluss, forderten Partizipationsmöglichkeiten in allen gesellschaftlichen Bereichen, stritten für neue weibliche Lebenskonzepte, kämpften für gleiche Rechte und forderten Bildungs- und Berufszugänge sowie politische Teilhabe. Obwohl ihre Forderungen, Aktions- und Organisationsformen unterschiedlich waren und sich konkurrierende Richtungen und Strömungen auch innerhalb einzelner Länder bildeten, gab es Überschneidungen und Netzwerkbildungen.
Die Beiträge betrachten die historische und politische Rolle sowie den politischen Einfluss und Handlungsspielraum von Frauenbewegungen um 1900 in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich, Finnland, Schweden, Großbritannien, Polen sowie die Neue Frauenbewegung der 1970er Jahre in Großbritannien und in der Schweiz. Sie zeigen Gleichzeitigkeit und Parallelen, Differenzen und Ungleichzeitigkeit der Entwicklungen und fragen nach dem Beitrag von Frauenbewegungen zum sozialen Wandel und zur Demokratisierung. Die Autorinnen untersuchen Emanzipationsdebatten, Organisations- und Handlungsstrategien und fragen, welche Themen, Ziele und Forderungen wann aktuell waren. Wie ein roter Faden zieht sich die Frage nach internationalen Netzwerken und Verflechtungen und nach dem Spannungsfeld national – international durch das Heft.
Redaktion
Dr. Gilla Dölle/ Prof. Dr. Ulla Wischermann
Mit Beiträgen von
Petra Pommerenke, Tiina Kinnunen, Jutta Schwarzkopf, Natalie Stegmann, Kristina Schulz, Leena Schmitter, Sabine Hoffkamp , Monika Pater, Eva Labouvie, Johanna Gehmacher.