ISBN
978-3-926068-26-2
Kosten
11,50 €
Umfang
82 Seiten
Erschienen
November 2017
Heft 72
Entwurzelungen
Flucht, Migration, Vertreibung, Exil
Zu den gegenwärtig größten Herausforderungen gehören Flucht und Migration, deswegen hat sich diese Ausgabe der Ariadne dem Thema verschrieben.
Im Unterschied zur Zeit des Nationalsozialismus, als Menschen vor der Diktatur aus Deutschland flohen, so kommen heute Menschen aufgrund von politischer Verfolgung, Hunger und Armut in ihren Ländern nach Europa. Während der sogenannten ›Flüchtlingskrise‹ 2015 war Deutschland ein bevorzugtes Ziel für viele Flüchtende. Politische Verfolgung, Bedrohung der persönlichen Freiheiten, Berufsverbote und rassistische Verfolgung sind nur wenige Schlagwörter, die aufscheinen, wenn es um Fluchtbewegungen und Exil geht – in letzter Konsequenz ist ein Exil so individuell, wie die Person und Situation mit Blick auf Herkunft, Bildung, Sprache, Alter und Geschlecht.
Es war unser Anliegen, auch die Migrations- und Exil-Geschichte im Sinne von Pionierinnen der Frauen- und Geschlechtergeschichte wie Natalie Zemon Davies oder Gisela Bock als ›viele Geschichten‹ und nicht als eine ›statische Geschichte‹ oder als ein ›angenommenes Modell‹ zu verstehen. Wir widmen uns dem Thema aus verschiedenen Perspektiven, eine starre Abgrenzung von Exil-/Flucht- und Migrationsgeschichte entfällt, um die fließenden Übergänge zu betonen. Die Feststellung ›Niemand flieht ohne Grund‹ ist ein spannender Ausgangspunkt für Fragestellungen.
Vergleichende Analysen bieten mitunter die Möglichkeit, frische Perspektiven auf ein Forschungsgebiet zu werfen. Diese Vergleiche relativieren entweder eine unterstellte Einzigartigkeit und zeigen meist mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede oder stellen auf jeden Fall die Variationen zwischen sozialen, religiösen und ethnischen Gruppe innerhalb einer ›Nationalgeschichte‹ dar. In einer Vielzahl von Studien hat sich die Exilforschung meist von den intellektuellen und kulturellen Eliten her genähert, wohingegen die historischen Migrationsbewegungen von Frauen aus der Unterschicht, die ihre Gedanken und Gefühle nicht schriftlich festhielten, weitestgehend ignoriert wurden. Natürlich hat dies viel mit der auffindbaren Quellenlage zu tun, aber auch mit einem bisher weitestgehend fehlenden Interesse in der Forschung. Wie wichtig es ist, auch zukünftig in den Exil-, Migrations- und Flüchtlingsforschungen die Situation von Frauen (und Kindern) und den Einfluss von Privilegien wie Bildung und Besitz, aber auch Sprache oder Alter zu berücksichtigen, zeigen die vielseitigen Beiträge dieses Heftes.
Deutlich wird, dass sich die Mehrzahl der Beiträge dieses Heftes mit dem Exil der Mittel- oder Oberklasse befassen. Auch ist auffällig mit einem Blick auf die Immigrationspolitik, dass in den meisten Ländern eine positive Aufnahme meist abhing von dem Geld, das die Migrant:innen mit ins Land brachten bzw. bringen oder zumindest auf deren erwarteten Bildungsstand und Arbeitskraft und damit einhergehend ihre ökonomische ›Verwertbarkeit‹. Durch die Analyse der Voraussetzungen, Rahmenbedingungen, aber auch von (historischen) Vorurteilen geben die detailreichen Beschreibungen von gelingenden und schwierigen/gescheiterten Exilgeschichten, umfassende Einblicke.
Redaktion
Dr. Marion Röwekamp/ Laura Schibbe M. A.
Mit Beiträgen von
Irene Messinger, Marion Keller, Iwona Dadej, Marion Rüwekamp, Gisela Notz, Inge Hansen-Schaberg / Gabriele Knapp, Risa Tamaru, Sonja Dalinsek.