ISBN

978-3-926068-25-5

Kosten

11,50 €

Umfang

81 Seiten

Erschienen

Mai 2017

Heft 71

Diffamierende Reden.

Antifeminismen im Wandel

Seit den 2000er Jahren artikulieren sich in der medialen Öffentlichkeit zunehmend Stimmen gegen Gleichstellung (der Geschlechter, hetero- und homosexueller Lebensweisen), die vor allem in der Bezeichnung ›Gender‹ den Kern allen Übels ausmachen und mit dem Kampfbegriff ›Genderismus‹ ein Phänomen beschreiben, welches sie für den ›Untergang des Abendlandes‹ verantwortlich machen. Sie richten sich gleichermaßen gegen die Geschlechterforschung wie gegen Geschlechterpolitik. ›Gender‹ steht in den Aussagen der selbsterklärten ›Anti-GenderistInnen‹ sowohl für ein gleichmachendes und das angeblich biologisch feststehende Abgrenzen von lediglich zwei Geschlechtern negierendes Verständnis von Geschlecht als auch für einen Platzhalter für vermeintliche Zwangsregularien, für die Zerstörung der ›guten alten Ordnung‹ – vor allem der heterosexuellen (Kern-)Familie. 
Diese Stimmen werden in jüngster Zeit im Zuge des Aufschwungs rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien immer lauter, da hier die Politisierung von Gender einen großen Resonanzraum erfährt und sich offenbar hervorragend zur Mobilisierung eignet. Dabei setzten die ›Anti-GenderistInnen‹ auf eine autoritäre Politik, die primär Ressentiments mobilisiert und mit dieser besonderen Form der Affektpolitik offenbar an weitverbreitete Ängste anschließen kann. Da sich dieses Phänomen in vielen europäischen Ländern zeigt, haben (nicht nur) wir uns gefragt, ob wir hier eine neue Konjunktur des Anti-Feminismus erleben?
Der Kampf gegen Unterdrückung und Ungleichheit von Frauen hat von jeher auch einen erbitterten Widerstand jener mobilisiert, die den Verlust von Privilegien und den Umsturz der (Geschlechter-)Ordnung fürchteten. Das ist nicht erst seit der ersten Frauenbewegung offenbar; zu dieser Zeit entstand aber der Begriff des Antifeminismus. Hedwig Dohms bekannte Schrift ›Die Antifeministen‹ von 1902 galt jenem Phänomen. Die Antifeminist:innen der damaligen Zeit sahen durch die Berufstätigkeit der Ehefrau das Glück und Gelingen der (heterosexuellen) Ehe gefährdet. Die heutigen ›Anti-GenderistInnen‹ richten sich gegen Geschlechterforschung, politische Gleichstellungsmaßnahmen und progressive Sexualpädagogik. Befürchteten damals die AntifeministInnen die Auflösung der bürgerlichen Ehe, befürchten heutige ›Anti-Genderisten‹ und ›Anti-Genderistinnen‹ darüber hinaus die Umerziehung der Menschheit zu geschlechtslosen Wesen und die Abschaffung der als natürlich verstandenen zwei Geschlechter. AntifeministInnen und ›Anti-GenderistInnen‹ reagierten und reagieren damit sowohl auf gesellschaftlichen Wandel im Allgemeinen als auch auf feministische Bewegungen und Veränderungen im Geschlechterverhältnis im Besonderen.
Mit diesem Heft wollen wir den Kontinuitäten, Wandlungen und Verschiebungen von Angriffen auf Feminismus nachgehen und danach fragen, ob und inwiefern Frauenfeindlichkeit und Antifeminismus verschiedenen Konjunkturen unterliegen und unterschiedliche Formen annehmen. Die versammelten Beiträge liefern dazu hilfreiche historische, international vergleichende wie analytische und empirische Hinweise. 

Redaktion

Helke Dreier M. A./ Dr. Imke Schmincke/ Dr. Kerstin Wolff

Mit Beiträgen von

Reinhold Lütgemeier-Davin, Gabriele Fischer / Maximilian Weik, Claudia Jacobi, Nicole Kubitzka, Claudia Schulz / Angelika Bartz, Stefanie Mayer / Birgit Sauer, Eszter Kováts.

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